SS-Sonderlager „Feste Goeben“
Das Sonderlager „Feste Goeben“ (franz. Fort Queuleu) war ein deutsches Verhör- und Haftlager im Südosten der Stadt Metz. Dabei ist jedoch der Begriff des Sonderlagers – obwohl dieser Begriff in den Quellen mehrfach als Eigenbezeichnung geführt wird – umstritten, da sich das Lager nicht in die üblichen, idealtypischen Lagerkategorien einordnen lässt. Nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 und der Annektierung von Elsass-Lothringen durch das Deutsche Kaiserreich war es der deutschen Militärbehörde ein Anliegen, bereits bestehende Festungswerke in Frankreich auszubauen und neue zu errichten. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr dabei die Festungsstadt Metz, deren Verteidigungsanlagen durch eine Reihe von Forts ergänzt und weiter ausgebaut wurden. Eines dieser Forts war das Fort Goeben, das bereits 1868, unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges, von den Franzosen erbaut worden war. Nach dem Waffenstillstand zwischen dem Dritten Reich und Frankreich und der anschließenden Besetzung wurde das Fort ab Oktober 1943 dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Lothringern-Saarpfalz (BdS), Anton Dunckern, unterstellt, der nebst dem Gauleiter Bürckel der mächtigste Mann im Gau Westmark war. Dort errichtete Dunckern im Geheimen in Kasematte A ein Verhör- und Haftlager, in das vor allem französische Widerstandskämpfer untergebracht wurden. Das Lager hatte zum Ziel, durch „Verhöre“ und unter Einsatz der Folter gezielt Widerstandsgruppen ausfindig zu machen und zu zerschlagen. Damit reagierte Dunckern vermutlich auf die nach 1943 gestiegene Anzahl von Attentaten und Sabotageakten der französischen Resistance, die sich aus einer Ablehnung der Wehrpflicht für Lothringer ergab. Eine solche war nach der Niederlage der Wehrmacht in Stalingrad notwendig geworden. Neben Dunckern waren die beiden wichtigsten Personen des Lagers der Gestapo-Chef Hans Schmidt sowie der Lager-„Verwalter“ Georg Hempen, den die Gefangenen als Kommandanten ansprechen mussten. Durch die Tatsache, dass Schmidt Hempen bei der Organisation des Lagers nahezu alle Freiheiten ließ, etablierte dieser im Lager eine „Terrorherrschaft“, die sechsunddreißig Menschen das Leben kostete. Nebst vermeintlichen oder tatsächlichen Kämpfern der Resistance wurden im Lager größtenteils Gegner der sog. „Eindeutschung“ – also der Versuch, besetzte Gebiete kulturell, sprachlich und „rassisch“ im nationalsozialistischen Sinne umzuformen – untergebracht. Darunter waren Kommunisten und Gewerkschaftler. Unter den 1500 bis 1800 Gefangenen, die zwischen der Instandsetzung des Lagers im Oktober 1943 und seiner Auflösung am 17. August 1944 dort untergebracht waren, befanden sich auch viele Frauen. Zum Lager selbst wurde abgesehen von SD- und Gestapo-Beamten sowie den SS-Wachmannschaften niemandem der Zutritt erlaubt, was, in Kombination mit den elenden Haftbedingungen und den Misshandlungen, die Lagerbedingungen für die Inhaftierten zusätzlich verschlimmerte, weil sie vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten waren.
Als die Alliierten am 17. August 1944 der Stadt Metz immer näherkamen, wurden 941 Gefangene, darunter Widerstandskämpfer, Kriegsdienstverweigerer, aber auch Deserteure der Wehrmacht, zum Bahnhof in Metz gebracht und mit dem Zug in das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof sowie in das Polizeihaftlager Wappingen deportiert. Während in Natzweiler-Struthof viele der Gefangenen ermordet wurden, gelang den Wappinger-Gefangenen am 30. August 1944 die Flucht. Anführer der Widerstandsgruppe „Mario“ hingegen wurden in die Konzentrationslager Dachau, Auschwitz und Buchenwald gebracht. Nach dem Krieg wurde Hempen in Abwesenheit durch das französische Militärtribunal in Metz zum Tode verurteilt, allerding konnte er sich absetzen und sogar in den deutschen Polizeidienst eintreten. 1962 erstatte die kommunistische Vereinigung VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) in Deutschland Strafanzeige gegen Hempen. Das Landgericht Oldenburg sprach Hempen jedoch 1969 nach einer langen Reihe von Gerichtsprozessen frei, da dem letzten noch lebenden Augenzeugen für den Mord am Häftling Marcel kein Glaube geschenkt wurde. Dieser Umstand verleitete die ehemaligen Gefangenen des Lagers zu dem Bemühen, die Erinnerung an das Lager aufrechtzuerhalten, was in der Gründung eines Freundeskreises der ehemaligen Deportierten des Lagers am 7. März 1971 mündete. Dieser erreichte, dass die Festung inklusive des ehemaligen Lagers zunächst am 24. Mai 1971 unter Denkmalschutz gestellt wurde. 1973 folgte die Gründung eines Komitees, welches mit der Pflege und Ausarbeitung einer Gedenkstätte betraut wurde. Neben der 1977 eingerichteten Gedenkstätte besteht der Erinnerungsort „Feste Goeben“ aus einem 1977 vom Bildhauer Zonca geschaffenen Denkmal, einer Krypta, die die Asche der Opfer der Konzentrationslager enthält und einer Ausstellung in der Kasematte A. Aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten des Komitees ist die Ausstellung bis heute nahezu unverändert und die Kasematte befindet sich in einem derart schlechten Zustand, dass eine Führung nur noch eingeschränkt möglich ist.
Funktion
SS-Sonderlager
Seit
1977
Funktion
Gedenkstätte